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lottykarottie's review against another edition
challenging
dark
reflective
sad
tense
slow-paced
- Plot- or character-driven? Character
- Strong character development? It's complicated
- Loveable characters? No
- Diverse cast of characters? It's complicated
- Flaws of characters a main focus? Yes
3.25
Graphic: Death, Sexual content, Suicide, Grief, Death of parent, and Abandonment
Moderate: Bullying, Self harm, Kidnapping, Murder, and Alcohol
Minor: Adult/minor relationship and Child abuse
pascalthehoff's review against another edition
reflective
fast-paced
- Plot- or character-driven? Character
- Strong character development? It's complicated
- Loveable characters? No
- Diverse cast of characters? Yes
- Flaws of characters a main focus? Yes
2.0
Eine gebürtige Essenerin, heute Düsseldorferin mit Girl-Boss-Mindset, kehrt zurück in ihre Heimat im Essener Norden und ist schockiert, wie verkommen das Ruhrgebiet ist. Mit viel gutem Willen vertritt der Roman die These „Wer im Ruhrgebiet lebt, aber das Ruhrgebiet disst, hat das Ruhrgebiet nicht verstanden.“
Der allmähliche Wandel der Protagonistin, die Essen-Katernberg neu kennenlernt, deutet auf eine solche Lesart hin. Leider erinnert ihre romantisierte Verklärung der einheimischen Katernberger eher an das Klischee des edlen Wilden, den britische Kolonialisten in Nordamerika zu entdecken geglaubt haben: Hier ist das Leben noch nicht so verkommen! Hier kennt man noch seine Nachbarn und kümmert sich umeinander! Dabei schwingt immer eine Note der Überheblichkeit der kosmopolitischen Düsseldorferin gegenüber den wertekonservativen Katernbergern mit.
Vor allem die anfängliche Entfremdung von der Heimat schießt dabei übers Ziel hinaus. Wenn türkische Mütter in der Tram in einem Atemzug mit betrunkenen Pöblern genannt werden, hat das einen Beigeschmack, der über „Wohl zu lange in Düsseldorf gelebt“ hinausgeht.
Stellenweise war ich mir unsicher, ob die Widersprüche in der Charakterisierung und in den Gedanken der Protagonistin Absicht sind. Ist das erzählerische Inkonsistenz oder nur eine aufregende ambivalente Persönlichkeit?
Zum Beispiel, wenn die Protagonsitin feststellt, dass Menschen in den unteren sozialen Klassen es nicht besser wüssten, als AfD zu wählen und damit noch weiter nach unten zu treten, um sich selbst stärker zu fühlen. Und dann trampelt die Protagonistin für die Hälfte des Romans selbst unentwegt nach unten. (Generell auch eine ungewöhnlich klassenbewusste Feststellung für eine Protagonistin, die für den Rest des Romans linksgesinnte Charaktere, die sich gesellschaftlich engagieren, als Gutmenschen belächelt.)
Ich mochte, dass der Roman mich mit seiner Widersträubigkeit dauerhaft zum Nachdenken trieb – auch, wenn der Denkprozess zuweilen in Verwirrung mündete. Und wo wir schon beim Lob sind: Ein Highlight ist der authentische Klang der Alltagssprache in Dialogen. Der Roman bedient keine Ruhrpott-Stereotype wie „wat“ oder „hömma“, sondern nutzt subtilere Eigenheiten des Regiolekts wie zum Beispiel den Überhang, Pronomen durch Artikel auszutauschen.
Die Dialoge sind einer der wenigen Lichtblicke in der Darstellung des Ruhrpotts. Denn weitestgehend bleibt Essen-Katernberg in diesem Roman die Fantasie einer Person, die Essen-Frohnhausen unironisch als „Fronx“ bezeichnet.
Der Verlag behauptet, Keine gute Geschichte setze „das Ruhrgebiet neu auf die literarische Karte“. Das wäre sehr schade, denn der Roman zeichnet ein eindimensionales, regressives Bild dieser bewegten und vielseitigen Region. Es war aber auch schwierig, denn: Gibt es eine Region in Deutschland mit größerer kultureller Pluralität als das Ruhrgebiet?
Der allmähliche Wandel der Protagonistin, die Essen-Katernberg neu kennenlernt, deutet auf eine solche Lesart hin. Leider erinnert ihre romantisierte Verklärung der einheimischen Katernberger eher an das Klischee des edlen Wilden, den britische Kolonialisten in Nordamerika zu entdecken geglaubt haben: Hier ist das Leben noch nicht so verkommen! Hier kennt man noch seine Nachbarn und kümmert sich umeinander! Dabei schwingt immer eine Note der Überheblichkeit der kosmopolitischen Düsseldorferin gegenüber den wertekonservativen Katernbergern mit.
Vor allem die anfängliche Entfremdung von der Heimat schießt dabei übers Ziel hinaus. Wenn türkische Mütter in der Tram in einem Atemzug mit betrunkenen Pöblern genannt werden, hat das einen Beigeschmack, der über „Wohl zu lange in Düsseldorf gelebt“ hinausgeht.
Stellenweise war ich mir unsicher, ob die Widersprüche in der Charakterisierung und in den Gedanken der Protagonistin Absicht sind. Ist das erzählerische Inkonsistenz oder nur eine aufregende ambivalente Persönlichkeit?
Zum Beispiel, wenn die Protagonsitin feststellt, dass Menschen in den unteren sozialen Klassen es nicht besser wüssten, als AfD zu wählen und damit noch weiter nach unten zu treten, um sich selbst stärker zu fühlen. Und dann trampelt die Protagonistin für die Hälfte des Romans selbst unentwegt nach unten. (Generell auch eine ungewöhnlich klassenbewusste Feststellung für eine Protagonistin, die für den Rest des Romans linksgesinnte Charaktere, die sich gesellschaftlich engagieren, als Gutmenschen belächelt.)
Ich mochte, dass der Roman mich mit seiner Widersträubigkeit dauerhaft zum Nachdenken trieb – auch, wenn der Denkprozess zuweilen in Verwirrung mündete. Und wo wir schon beim Lob sind: Ein Highlight ist der authentische Klang der Alltagssprache in Dialogen. Der Roman bedient keine Ruhrpott-Stereotype wie „wat“ oder „hömma“, sondern nutzt subtilere Eigenheiten des Regiolekts wie zum Beispiel den Überhang, Pronomen durch Artikel auszutauschen.
Die Dialoge sind einer der wenigen Lichtblicke in der Darstellung des Ruhrpotts. Denn weitestgehend bleibt Essen-Katernberg in diesem Roman die Fantasie einer Person, die Essen-Frohnhausen unironisch als „Fronx“ bezeichnet.
Der Verlag behauptet, Keine gute Geschichte setze „das Ruhrgebiet neu auf die literarische Karte“. Das wäre sehr schade, denn der Roman zeichnet ein eindimensionales, regressives Bild dieser bewegten und vielseitigen Region. Es war aber auch schwierig, denn: Gibt es eine Region in Deutschland mit größerer kultureller Pluralität als das Ruhrgebiet?
Graphic: Emotional abuse, Death of parent, and Abandonment
Moderate: Mental illness, Rape, Kidnapping, and Classism
Minor: Adult/minor relationship, Biphobia, Body shaming, Child abuse, Drug use, Eating disorder, Pedophilia, Suicidal thoughts, Islamophobia, and Gaslighting