A review by premium_huhn
Ich bin Circe by Madeline Miller

adventurous reflective medium-paced
  • Plot- or character-driven? Character
  • Strong character development? It's complicated
  • Loveable characters? No
  • Flaws of characters a main focus? Yes

2.0

Die Geschichte der Hexe Circe aus ihrer Sicht erzählt. Beginnend mit ihrer Kindheit als Tochter des Sonnengottes Helios über die Verbannung auf die Insel Aiaia, ihren Werdegang als Hexe und ihr Verhältnis zu Odysseus hin zur Frage, was danach aus ihr wurde.

Oh je, dieses Buch war nicht für mich. Hilfe, war das langweilig. Es ist halt eine Geschichte aus Sicht einer wenig interessanten und langsam denkenden Frau, die eine Insel nicht verlassen darf. Irgendwie dachte ich, hier würde dem antiken Stoff etwas mehr beigegeben, vielleicht Circes kluges Vorgehen, geheimes Ränkeschmieden, female agency oder so. Stattdessen liest es sich wie eine solide geschriebene Schulaufgabe "Erzähl mal ein paar Sagen des klassischen Altertums aus Sicht von Circe auf ihrer Insel". Alles in allem ist das Buch wirklich erschreckend nah an einer griechischen Tragödie ... ihr wisst schon, wo handlungsbefreite Monologe ins Unendliche gewalzt werden und alle Actionszenen von so einem schnarchigen Chor kurz zusammengefasst werden? Geht ja auch nicht anders - Circe ist bei den allermeisten Ereignissen ja gar nicht dabei, sondern kriegt sie nur kurz von irgendwem anders erzählt.

Dazu kam noch, dass mir Circe so fürchterlich unsympathisch war. Sie ist immerzu der Meinung, als einzige im Recht zu sein und alles verstanden zu haben. Immer wenn sich herausstellt, dass das nicht der Fall war, ist sie kurz beleidigt, verbucht sich das dann aber als Lehre, die sie in all ihrer Klugheit nun gelernt hat und dank derer sie nun allen anderen weiter mit ihrer Altklugheit auf den Geist fallen kann.

Circe ist außerdem die allerärmste Person, alle sind gemein zu ihr. Sie leidet auch ganz schrecklich auf ihrer gemütlichen Insel. Und sie hat sooo viel Mitleid mit Menschen, solange sie das Gefühl hat, sich damit irgendwie hervortun zu können, denn ansonsten sind ihr die meisten Leute eigentlich ziemlich egal. Allgemein will sie eigentlich vor allem Aufmerksamkeit und dass andere nach ihrer Pfeife tanzen und ihr sagen, wie toll sie ist. Was für eine jämmerliche Person.

Circe ist außerdem total strong und independent, trifft aber im Verlauf des gesamten Buches eigentlich nur zwei relevante Entscheidungen wirklich selbst. Alles andere ist Circe, die herumgeschubst wird und sich das hinterher als selbstständige Entscheidung verkauft.

Und wenn die noch einmal irgendwem, der es nicht wissen wollte, erzählt hätte, dass sie übrigens diesen tollen Webstuhl daheim hat ... I don't care (und die meisten anderen im Buch auch nicht)! >:(

Die lustigste Szene im Buch ist
die, in der Hermes beschließt, Circe nicht mehr besuchen zu kommen, weil er sie langweilig findet. I feel you, Bro.


Zugegeben, der letzte Teil des Buches nimmt nochmal an Fahrt auf, weil hier der Drops mit dem Nacherzählen irgendwelcher antiker Sagen und den irrelevanten Cameo-Auftritten von Sagengestalten endlich gelutscht ist und sowas wie eine innovative Erzählung entsteht. Aber da hatte mich das Buch leider längst verloren. Es ist mir wirklich absolut unbegreiflich, wieso dieses Buch so gefeiert wurde, ich konnte ihm echt nicht viel abgewinnen.

Zuletzt habe ich ja Miroloi gelesen und fand das auch schon nicht so den Bringer. Aber ehrlich - wenn ihr Lust habt auf eine feministisch angemalte Erzählung einer Frau auf einer mediterranen Insel, dann lest lieber Miroloi, da war deutlich mehr los.