A review by tramuntana
Hundert Jahre Einsamkeit by Gabriel García Márquez

challenging dark reflective slow-paced

3.0

Ach ja, dieses Gefühl, sich erklären zu müssen, wenn man einem großen Literaturklassiker und dem Träger diverser Literaturpreise nicht so huldigt, wie man sollte.
Zunächst mal ist Gabos Stil nicht mein Fall; trotz der Nüchternheit im Ausdruck, scheint zwar durch, dass er mit Sprache umgehen konnte, ich bekomme beim Lesen aber immer den Eindruck, dass er nicht wirklich Spaß daran hatte. Selten kam mal eine humorige Stelle vor; davon hätte ich mir mehr gewünscht. Die Charaktere sind eher generisch (z. B. der verschwenderische Gigolo, die strenge Matriarchin), was noch dadurch verstärkt wird, dass diese Familiensaga episodisch strukturiert ist und biblisch-episch gestaltet. Letzteres trägt dann auch zu entsprechenden binären Geschlechterrollen (Frau schlecht, Mann gut) in der Erzählung bei. Bei den Frauen kann man den einzelnen Charakteren immerhin folgen, bei den Männern wird es durch die Mehrfachbenennungen (José Arcadio oder Aureliano) irgendwann fast unmöglich, was bei mir dazu geführt hat, dass mich die einzelnen Charaktere und deren Schicksale dann auch nicht mehr wirklich interessiert haben. Schade ist, dass dadurch die eigentlich brilliante Idee, die diesem Werk zugrunde liegt, in den Hintergrund gerät. Dieser Einfall neuer Ideen, Erfindungen und anderer Menschen samt ihrer Unternehmungen in eine alte, abgeschiedene Welt, der sinnbildlich für die Geschichte eines ganzen Landes steht, ist nämlich wunderbar erzählt. Schade drum!

PS: Diese Ausgabe fußt auf einer Übersetzung aus dem Jahr 1970. Sie hat sich in einigen Teilen im Dünkel Hoher Literatur vergaloppiert, in anderen Teilen ist sie einfach fehlerhaft. Das geht besser!

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