A review by jarichan
Unrast by Olga Tokarczuk

4.0

"Unrast" - dieses Wort beschreibt wohl das, was viele von uns mit den letzten Monaten/Jahren verbinden. Lockdown, Reiseeinschränkungen, neue Bestimmungen... - nichts ist mehr wie zuvor. Und hier kommt Olga Tokarczuk mit ihrem Buch über das Reisen, über das Gefühl der Unruhe, der Rastlosigkeit.

Und genauso fühlt sich auch das Buch an. Man hätte diesem Werk keinen besseren Titel geben können. Wir rasen mal hierhin, mal dahin. Unterschiedliche Figuren begleiten uns. Manche länger, manche nur über einen kurzen Abschnitt lang. Dazwischen treffen wir immer wieder auf die Ich-Erzählerin (oder den Ich-Erzähler?). Alle sind unterwegs.

Dabei geht es nicht nur um Reisen um den Globus, sondern auch um Leben und Sterben. Beide jeweils eine grosse Reise. Der Tod als allerletzte. Speziell dabei: Der Tod auf Reisen.

Atemlos, hastig erzählt Tokarczuk ihre Geschichten. Bei den längeren erhalten wir eine Verschnaufspause. Aber bald schon drängt die Autorin, drängt das Buch, drängt die Unrast uns weiter. Es gibt noch viel zu erleben, zu erzählen, aufzuschreiben.

Olga Tokarczuk ist eine grandiose Autorin, ihre Kunst unvergleichlich. In die kürzesten Texte bringt sie so viel Leben und Atmosphäre, wie manch andere nicht in ganze Bücher. Ihre Texte gehen Tief. Sie ist diejenige, die einen bei einem Treffen ohne Worte anschaut, man beginnt, sich unwohl zu fühlen, weil man weiss, diese Person hat soeben die dunkelsten Ecken unserer Seelen erkundschaftet.

Ein Wunderwerk eines Buches, ein Wunderwerk einer Autorin.