A review by jettefeline
Die Pest by Albert Camus

5.0

Gutes Buch.
Wirklich, ein sehr gutes Buch.
Anders als Satre in 'der Ekel' schafft es Camus tatsächlich sehr gut, seine Philosophie des Absurden durch die Literatur zu verarbeiten UND nebenbei auch noch den zweiten Weltkrieg zu kritisieren.
Uuund das tatsächlich in einer ansprechenden Geschichte- mit Handlung.......
Im Gegensatz zu Monsieur Jean-Pauls ist Alberts Schreibstil auch strukturierter, zugänglicher, seine Metapher tragbarer, eine Spannungskurve tatsächlich vorhanden (!).

Der Text kann als doppelte Metapher für sowohl die Philosophie des Absurden als auch für die Belagerung Frankreichs durch die Nationalsozialisten gewertet werden; in beiden Fällen dient er als Plädoyer für die Solidarität der Menschen im Kampf.
Alberto verarbeitet in dem Roman unterschiedlichste Reaktionen der Bevölkerung, in Bezug auf ihr Wissen um und ihren Umgang mit der Absurdität/ dem Nazi-Regime, reichend von purem Egoismus bis zur altruistischen Aufopferung Rieux', welchen Albertino als klaren Helden und Beispiel vollkommener menschlicher Moral angesichts des Absurden beschreibt.
Statt zu versuchen, die sinnlose Krankheit zu verstehen, machen Rieux und seine Mitstreiter es sich zur Aufgabe, Widerstand zu leisten, zu revoltieren.
Hierbei finden sie einen Sinn in der Tätigkeit des Widerstandes (jaja, Monsieur wird hier fast schon autobiographisch...).
Die *Absurdität* wird gerade durch die wahllosen Opfer der Pest, egal ob alt oder jung, egal ob verdient oder nicht, hervorgehoben.
Auch das Motiv des Selbstmordes, findet hier in Form Cottards Erwähnung.
Ebenso zum Vorschein kommt gerade Albertus' Ablehnung gegenüber der Religion in Form von Paneloux, oui oui sehr sympathisch.
Zum Schluss hebt Genosse Albrizio zudem die falsche Sicherheit einhergehend mit dem Abklingen der Pest hervor: eine solche Krankheit (des Geistes) ist immer irgendwo (irgendwie irgendwann) unterschwellig vorhanden, kann jederzeit erneut ausbrechen und in dem Moment heißt es, erneut Widerstand zu leisten.

Besonders gefallen hat mir an Alejandros Analyse übrigens auch sein Menschenbild: der Mensch sei- trotz aller Schwächen- im Grunde anständig (ganz gegensätzlich zur ansonsten vorherrschenden Idee des -DURCH EVA EINGELEITETEN- Sündenfalls oder des biologisch verankerten *menschlichen Egoismus*), bloß Irrtümer seien verantwortlich für Schlechtes, die Todesstrafe unmenschlich. Vielleicht teilweise ein bisschen optimistisch, aber passt sehr gut in mein Weltbild.

Auch hebt Adelbert gerade in diesem Roman die Wichtigkeit der zwischenmenschlichen Solidarität hervor- ein Umstand, der mich im Mythos des Sisyphos noch verwirrt hat.
Freundschaft, Liebe, Leidenschaft, Solidarität, Verantwortung, eigenständiges Handeln (unabhängig von der Religion)- all das sind Werte, die uns zwar nicht von unserem sinnlosen Schicksal befreien- immerhin sterben wir alle trotzdem- aber dennoch bieten sie einen Ausweg, eine Möglichkeit, sich mit dem Absurden zu arrangieren, ein Mittel zur Revolte.

Das Buch wurde zu Alfreds Zeiten besonders als Verharmlosung der eigentlichen Schrecken der Jahre bis 1945 gewertet, das Bild der Pest als Metapher für den Nationalsozialismus nehme der Bevölkerung ihre Verantwortung. Moderne Rezensenten beklagen zudem gerne die Abwesenheit jeglicher weiblicher Charaktere. Beide Kritiken halte ich persönlich für durchaus verständlich und fundiert, trotzdem nehmen sie nichts von der tatsächlichen Aussagekraft des Geschriebenen.

Um ehrlich zu sein, muss ich auch dieses Buch noch einmal lesen, um es in Gänze zu verstehen, allerdings freue ich mich in diesem Fall tatsächlich darüber.

PS: Grüße an Charlotte und an Maya, falls ihr das hier lest- was ich allerdings nicht glaube...........
PPS: Leander, von dir wünsche ich mir ebenfalls eine ausführliche Review!!