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A review by premium_huhn
Märchenmond. Märchenmonds Kinder by Wolfgang Hohlbein
adventurous
hopeful
fast-paced
3.0
Die ersten beiden Bände der Märchenmond-Saga als Doppelband. Im ersten Band bereist Kim das Land der Träume und der Magie, Märchenmond, um seine Schwester Rebekka zu retten, die vom üblen Boraas in tiefem Schlaf gefangengehalten wird. Dabei wird Kim hineingezogen in einen gewaltigen Kampf zwischen Gut und Böse, der ganz Märchenmond erfasst und in dem ein junger Held die letzte Hoffnung ist. Im zweiten Band bereist Kim Märchenmond erneut, um das Geheimnis der Kinder zu lüften, die in Märchenmond verschwinden und in seiner Welt teilnahmslos und ohne Erinnerung auftauchen. In Märchenmond haben die geschäftstüchtigen Zwerge mit ihren Eisenmännern die Industrialisierung eingeläutet. Doch tut der Fortschritt dem Land und seinen Leuten wirklich gut?
Märchenmond war eines meiner ersten "richtigen" Fantasybücher (vielleicht sogar das erste, ich weiß es nicht mehr genau). Ich habe den ersten Band als Kind geliebt und ziemlich oft gelesen. Vorn sind noch die Bleistiftstriche drin, die den Vorlesetext für meine Buchvorstellung in der 5. Klasse markieren. :D (Ich habe damals extra eine langweilige Stelle ausgesucht, damit ich die ganze spannende Action nicht spoilere ... hat meine Klassenkamerad*innen nicht sooo vom Hocker gehauen, aber die hatten halt einfach alle keine Ahnung.)
Ich habe, bevor ich das Buch wieder aufgeschlagen habe, immer noch ganz genaue Vorstellungen davon gehabt, wer in dem Buch vorkommt, wie die aussehen und wie endlos cool diese Charaktere alle waren! Ado, der im Reich des Bösen gefangene Sohn des tragischen Tümpelkönigs! Priwinn, der immer wütende Sohn des Steppenkönigs von Caivallon. Gorg, der Riese, Kelhim, der freundliche Bär, Rangarig, der goldene Drache ... *schwärm*
Nun habe ich das Buch nach vielen Jahren erneut in die Hand genommen, um zu sehen, ob es meinen überaus positiven Erinnerungen gerecht wird. Und das kann ich mit einem klaren "Jein" beantworten. :D
Der erste Band ist tatsächlich recht lesenswert. Ich war bei der Lektüre überrascht, wie viel Sword & Sorcery in dem Buch steckt. Hatte das irgendwie so High Fantasy in Erinnerung, aber die Erzählweise ist weit weniger episch angelegt, trotz des weltumspannenden Gut-Böse-Konflikts. Die Handlung geht episodenhaft und wahnsinnig schnell voran, immer passiert etwas, ständig erfahren wir, wie es weitergeht. Die Charaktere hingegen werden eigentlich kaum vorgestellt, weder was ihr Äußeres betrifft noch was irgendwelche Charakterzüge außerhalb ihrer sofort ersichtlichen Eigenschaften angeht. Ich frage mich, wie ich als Kind zu derart detaillierten Vorstellungen dieser Charaktere kam. Vermutlich war es genau die Tatsache, dass so viel meiner Vorstellungskraft überlassen wurde, die diese Charaktere so vielschichtig und mir so sympathisch machte. Ich empfand als Kind auch Kim, den Protagonisten, als hervorragende Identifikationsfigur. Vermutlich, weil er eigentlich so charakterbefreit ist und sich daher prima dazu eignet, das Gesicht der jeweils Lesenden anzunehmen. Andererseits aber auch, weil seine Motivation, seine jüngere Schwester zu retten, mich voll angesprochen hat. Alles in allem finde ich den ersten Band aus heutiger Sicht zwar nicht mehr das beste seit geschnitten Brot, aber er las sich gut weg und es fühlte sich für mich an, wie ein angenehmer Besuch bei alten Freunden.
Negativ fiel mir bei erneuter Lektüre auf, dass im ersten Band quasi keine Frau vorkommt. Es gibt in der Vorgeschichte Kims Mutter und seine im Koma liegende Schwester. Und es gibt die Ehefrau eines Bauern und die nur nebenher erwähnte Frau des getöteten Bruders dieses Bauern. Das wars. Das waren ALLE Frauen in dieser Geschichte. :D Ist mir als Kind nie aufgefallen - da wie gesagt alle Charaktere ziemlich flach sind, hatte ich kein Problem damit, mich mit dem männlichen Hauptcharakter zu identifizieren. Jetzt als Erwachsene find ichs schon irgendwie bisschen oll für 1983.
Der zweite Band ... ach je. Den mochte ich als Kind auch schon weit weniger gern als den ersten und jetzt als Erwachsene mochte ich ihn wirklich nicht mehr. Kim, der im ersten Band schon eher dadurch glänzt, dass er einfach ziemlich viel Glück hat, stolpert völlig planlos durch die Gegend und hat ziemlich viel Meinung im Verhältnis zu ziemlich wenig Ahnung (das hat er im ersten Band auch schon, aber da ist es im Allgemeinen nachvollziehbarer und im Rahmen der klaren Gut-Böse-Einteilung auch sinnvoller, sodass er eher ein bisschen altklug als einfach nur grob bevormundend rüberkommt). Er besucht alle relevanten Orte seiner Reise aus dem ersten Band, nur um an jedem einzelnen festzustellen, dass auch hier alles den Bach runtergeht. Das liest sich sehr frustrierend. Die Worte "Narr" und "spöttisch", beides so Hohlbein-Standardvokabeln, werden hier wirklich zu oft verwendet. Leute reden aus unerfindlichen Gründen nicht miteinander - auch nicht über Dinge, die sie sich eigentlich bereitwillig erzählen dürften. Warum Prinz Priwinn Kim nicht einfach sagt, was genau seine Gründe für den Kampf gegen die Eisenmänner sind, erschließt sich keinen Meter. Er ist die ganze Zeit stocksauer, dass Kim sich nicht wahllos auf seine Seite schlägt und immer, wenn sie an irgendwas vorbeilaufen, was irgendwie scheiße läuft, hält er Kim dann eine vorwurfsvolle Rede darüber, dass er nun ja sehen könne, warum man die Eisenmänner bekämpfen müsse. Wieso er ihm diese Sachen nicht vorher einfach erzählt hat, statt verstockt herumzusitzen ... es bleibt sein Geheimnis. Am Ende "löst" Kim das Rätsel, indem ihm die Lösung quasi gezeigt wird ... und wieso das passiert, habe ich auch nicht verstanden. Eine ganz persönliche Abneigung hege ich zudem gegen den Namen eines Nebencharakters, der voll hässlich ist, und den Kim deswegen "Bröckchen" (Diminutiv von Kotzbrocken) nennt. Wie nett. Und der heißt dann das ganze Buch über so. Das fand ich bereits als Kind endlos unangenehm und es war tatsächlich auch exakt die einzige Erinnerung, die ich an diesen Band vor der erneuten Lektüre noch hatte.
Fazit: Alles nach dem ersten Band kann man sich als erwachsener Mensch klemmen, aber der erste Band ist nach wie vor schön, wenn man auf märchenhaftere Fantasy steht.
Märchenmond war eines meiner ersten "richtigen" Fantasybücher (vielleicht sogar das erste, ich weiß es nicht mehr genau). Ich habe den ersten Band als Kind geliebt und ziemlich oft gelesen. Vorn sind noch die Bleistiftstriche drin, die den Vorlesetext für meine Buchvorstellung in der 5. Klasse markieren. :D (Ich habe damals extra eine langweilige Stelle ausgesucht, damit ich die ganze spannende Action nicht spoilere ... hat meine Klassenkamerad*innen nicht sooo vom Hocker gehauen, aber die hatten halt einfach alle keine Ahnung.)
Ich habe, bevor ich das Buch wieder aufgeschlagen habe, immer noch ganz genaue Vorstellungen davon gehabt, wer in dem Buch vorkommt, wie die aussehen und wie endlos cool diese Charaktere alle waren! Ado, der im Reich des Bösen gefangene Sohn des tragischen Tümpelkönigs! Priwinn, der immer wütende Sohn des Steppenkönigs von Caivallon. Gorg, der Riese, Kelhim, der freundliche Bär, Rangarig, der goldene Drache ... *schwärm*
Nun habe ich das Buch nach vielen Jahren erneut in die Hand genommen, um zu sehen, ob es meinen überaus positiven Erinnerungen gerecht wird. Und das kann ich mit einem klaren "Jein" beantworten. :D
Der erste Band ist tatsächlich recht lesenswert. Ich war bei der Lektüre überrascht, wie viel Sword & Sorcery in dem Buch steckt. Hatte das irgendwie so High Fantasy in Erinnerung, aber die Erzählweise ist weit weniger episch angelegt, trotz des weltumspannenden Gut-Böse-Konflikts. Die Handlung geht episodenhaft und wahnsinnig schnell voran, immer passiert etwas, ständig erfahren wir, wie es weitergeht. Die Charaktere hingegen werden eigentlich kaum vorgestellt, weder was ihr Äußeres betrifft noch was irgendwelche Charakterzüge außerhalb ihrer sofort ersichtlichen Eigenschaften angeht. Ich frage mich, wie ich als Kind zu derart detaillierten Vorstellungen dieser Charaktere kam. Vermutlich war es genau die Tatsache, dass so viel meiner Vorstellungskraft überlassen wurde, die diese Charaktere so vielschichtig und mir so sympathisch machte. Ich empfand als Kind auch Kim, den Protagonisten, als hervorragende Identifikationsfigur. Vermutlich, weil er eigentlich so charakterbefreit ist und sich daher prima dazu eignet, das Gesicht der jeweils Lesenden anzunehmen. Andererseits aber auch, weil seine Motivation, seine jüngere Schwester zu retten, mich voll angesprochen hat. Alles in allem finde ich den ersten Band aus heutiger Sicht zwar nicht mehr das beste seit geschnitten Brot, aber er las sich gut weg und es fühlte sich für mich an, wie ein angenehmer Besuch bei alten Freunden.
Negativ fiel mir bei erneuter Lektüre auf, dass im ersten Band quasi keine Frau vorkommt. Es gibt in der Vorgeschichte Kims Mutter und seine im Koma liegende Schwester. Und es gibt die Ehefrau eines Bauern und die nur nebenher erwähnte Frau des getöteten Bruders dieses Bauern. Das wars. Das waren ALLE Frauen in dieser Geschichte. :D Ist mir als Kind nie aufgefallen - da wie gesagt alle Charaktere ziemlich flach sind, hatte ich kein Problem damit, mich mit dem männlichen Hauptcharakter zu identifizieren. Jetzt als Erwachsene find ichs schon irgendwie bisschen oll für 1983.
Der zweite Band ... ach je. Den mochte ich als Kind auch schon weit weniger gern als den ersten und jetzt als Erwachsene mochte ich ihn wirklich nicht mehr. Kim, der im ersten Band schon eher dadurch glänzt, dass er einfach ziemlich viel Glück hat, stolpert völlig planlos durch die Gegend und hat ziemlich viel Meinung im Verhältnis zu ziemlich wenig Ahnung (das hat er im ersten Band auch schon, aber da ist es im Allgemeinen nachvollziehbarer und im Rahmen der klaren Gut-Böse-Einteilung auch sinnvoller, sodass er eher ein bisschen altklug als einfach nur grob bevormundend rüberkommt). Er besucht alle relevanten Orte seiner Reise aus dem ersten Band, nur um an jedem einzelnen festzustellen, dass auch hier alles den Bach runtergeht. Das liest sich sehr frustrierend. Die Worte "Narr" und "spöttisch", beides so Hohlbein-Standardvokabeln, werden hier wirklich zu oft verwendet. Leute reden aus unerfindlichen Gründen nicht miteinander - auch nicht über Dinge, die sie sich eigentlich bereitwillig erzählen dürften. Warum Prinz Priwinn Kim nicht einfach sagt, was genau seine Gründe für den Kampf gegen die Eisenmänner sind, erschließt sich keinen Meter. Er ist die ganze Zeit stocksauer, dass Kim sich nicht wahllos auf seine Seite schlägt und immer, wenn sie an irgendwas vorbeilaufen, was irgendwie scheiße läuft, hält er Kim dann eine vorwurfsvolle Rede darüber, dass er nun ja sehen könne, warum man die Eisenmänner bekämpfen müsse. Wieso er ihm diese Sachen nicht vorher einfach erzählt hat, statt verstockt herumzusitzen ... es bleibt sein Geheimnis. Am Ende "löst" Kim das Rätsel, indem ihm die Lösung quasi gezeigt wird ... und wieso das passiert, habe ich auch nicht verstanden. Eine ganz persönliche Abneigung hege ich zudem gegen den Namen eines Nebencharakters, der voll hässlich ist, und den Kim deswegen "Bröckchen" (Diminutiv von Kotzbrocken) nennt. Wie nett. Und der heißt dann das ganze Buch über so. Das fand ich bereits als Kind endlos unangenehm und es war tatsächlich auch exakt die einzige Erinnerung, die ich an diesen Band vor der erneuten Lektüre noch hatte.
Fazit: Alles nach dem ersten Band kann man sich als erwachsener Mensch klemmen, aber der erste Band ist nach wie vor schön, wenn man auf märchenhaftere Fantasy steht.