A review by somebodysbook
Das Land der Anderen: Roman by Leïla Slimani

2.0

CN: Gewalt (häuslich und sexualisiert), Vergewaltigung, Rassismus, Reproduktion rassistischer Sprache

Die Vorfreude war groß, als Ich erfuhr, dass ein neuer Roman von Leïla Slimani erscheinen wird. Und dann handelt es sich dabei auch noch um den Auftakt einer Trilogie, indem die Autorin von ihrer eigenen Familiengeschichte erzählt! Leider hat die gewohnte Slimani-Begeisterung beim Lesen jedoch nicht angehalten.

In ihrem neuen Roman “Das Land der Anderen”, der von Amelia Thoma übersetzt wurde, erzählt Slimani von Mathilde, einer jungen Elsässerin, die sich am Ende des zweiten Weltkriegs in Amine, einen marokkanischen Offizier, verliebt und Frankreich verlässt, um ihrem Mann nach Marokko zu folgen. Dort versucht sie Fuß zu fassen und bewirtschaftet mit ihrem Mann den Bauernhof der Familie. Jedoch begegnet ihr in Marokko nicht das erwartete Abenteuer. Denn das Leben ist hart, ihr Mann plötzlich ein ganz anderer und die Traditionen sind sehr patriarchalisch geprägt. Zudem muss sie feststellen, dass die französische Kolonialgesellschaft eine Ehe zwischen einer Französin und einem Marokkaner nicht befürwortet…

Slimani kreiert eine Familiengeschichte voller interessanter und spannender Themen. So geht es um Religion und Kultur, um die Rolle der Frau und patriarchale Unterordnung, um Kolonialisierung und um Unverständnis.
Und hierbei begleiten wir, als lesende Person, nicht nur Mathilde, sondern springen häufig in der Perspektive und folgen zahlreichen weiteren Figuren. Die vielen Sprünge in der Perspektive haben mich beim lesen zwar nicht gestört, allerdings kommt man dadurch nicht nah an die Figuren ran. Beispielsweise fand ich Aïcha’s Gedanken, Tochter des Paares, sehr interessant (wenn auch vielleicht schon zu erwachsen für eine Sechsjährige) und hätte gerne noch mehr über sie erfahren. Die Figuren werden jedoch schnell abgehandelt und es wird unmittelbar zur nächsten Figur übergegangen. Hier hätte ich mir in der Handlung mehr Tiefe gewünscht.

Hinzu kommt, dass im Buch oft rassistische Sprache reproduziert wird - ohne TW - was ich ziemlich schade finde, da sie nicht relevant für den Kontext ist.

Außerdem finde ich es sehr problematisch und gewaltverherrlichend, dass die Protagonistin aufgrund eines Gewaltausbruch ihres Mannes erregt ist.. → S. 330 „Und ihren Körper, diesen Körper den er verwüstet, den er gebrochen hatte, wollte sie ihm hingeben.”

“Das Land der Anderen” von Leïla Slimani ist ein völlig anderes Werk, als ihre vorherigen Bücher, dass in nüchterner und klarer Sprache über Konflikte zwischen unterschiedlichen Kulturen, über die Geschichte Marokkos und über das Schicksal einer Familie erzählt.

Mich konnte die Umsetzung leider nicht überzeugen und ich hoffe, dass mich Leïla Slimani mit ihren nächsten Büchern wieder mehr begeistern kann.