A review by rilkeduino
Haiku by Hans Jürgen Balmes

3.0

Die japanischen dichter issa, basho und buson sind den ihnen an die seite gestellten epigonen der amerikanischen beat-generation (ginsberg, kerouac, snyder) überlegen, lediglich ws merwin gelingt es, ihnen in einigen haiku nahezukommen.
Die besten dieser sammlung sind unvermutet witzig oder rufen in der kürze ihrer siebzehn silben erstaunlich viele bedeutungsebenen hervor. Exemplarisch dafür scheint ein wundervolles haiku bashos:

Selbst in Kyoto -
höre ich den Kuckuck,
sehne ich mich nach - Kyoto

Hier ist das - im buch nicht enthaltene - kulturelle hintergrundwissen hilfreich, dass der kuckuck in chinojapanischer tradition eng an die sehnsucht gebunden ist bzw der ruf des kuckucks derartiges hervoruft.
Und jetzt wird es spannend: zum einen vermag es basho, auf kunstfertige weise auf diese kulturelle tradition zu verweisen, ihre eindringlichkeit hervorzurufen ("Selbst in Kyoto") und darzustellen, dass seine dichtung verwurzelt ist in der autochthon japanischen tradition.
Andererseits ist auch eine ironische lesart denkbar, das gedicht als spöttischer kommentar bashos bezüglich der starken verhaftung in festgelegten traditionen zu lesen, mit dem er seinen dichterkollegen oder zeitgenossen den spiegel vorhält.
Das problem liegt, wie so oft, nicht in den gedichten begründet, sondern in der art der zusammenstellung, denn die gedichte der beats reichen einfach zu selten heran an die der japanischen meister.
Mehr basho, buson und issa! ist allerdings eine begrüßenswerte forderung, mit der man aus der lektüre des buches nach beenden des guten nachworts heraustritt.
Eine anthologie als appetithappen.