A review by stefaniefrei
Die Seele des Bösen - Blut, Angst und Tränen by Dania Dicken

5.0

Sadie Scott 5: Suche nach einem Serienmörder erlaubt nicht nur den Profilern keine Atempause

Dania Dicken stellt in ihrem Eingangs-Zitat und in ihrem Nachwort klar, dass sie die Sicht der Opfer von sexuellen Gewalttätern deutlicher in den Fokus stellen möchte. Das gelingt ihr in erbarmungslos heftig an die Nieren gehender, aber nie voyeuristischer Weise. „Jetzt bist du nicht mehr derselbe Mensch wie vorher.“ Das sagt in diesem fünften Band um Profilerin Sadie Scott der gesuchte Sexualsadist zu seinem neuesten Opfer.

Während Sadie ihren Verlobten Matt wegen dessen Ausbildung - ebenfalls beim FBI – schmerzlich vermisst, wird sie beruflich gefordert: zwei junge Frauen wurden ermordet aufgefunden, nach Misshandlung in vorangegangener Gefangenschaft. Gut die Darstellung der Polizeiarbeit, nicht spektakulär, sondern sicher oft langsam, mühselig, quälend – mit den daraus folgenden Zweifeln, ob hätte mehr getan worden sein können. Zu Beginn des Buches wird man als Leser noch etwas geschont – so wird verdeutlicht, warum manches an Sadies Verhalten definitiv anders ist als es sonst üblich wäre bei jungen Frauen ihres Alters, schließlich hat sie wegen ihrer Vergangenheit als einzige Überlebende des Blutrauschs ihres Serienmörder-Vaters so einiges in ihrer emotionalen Entwicklung erst spät nachzuholen begonnen. Als sie dann jedoch beschließt, auch endlich einmal Vertrauen zu anderen zu fassen, kann man sich als Leser dennoch des Gefühls nicht erwehren, dass sie – vielleicht? auch zu vertrauensselig sein kann. Doch es kommt viel viel schlimmer und zumindest für mich auch völlig anders als gedacht.

Ich möchte hier auf keinen Fall etwas verraten, aber was Dania Dicken da abliefert, ging mir heftig an die Nieren – und ich konnte das Buch trotzdem kaum aus der Hand legen, weil es nach den ersten paar Seiten wirklich praktisch keine Gelegenheit gibt, sich als Leser kurz zurückzulehnen, und die Handlung geradezu gnadenlos rasant vorangetrieben wird. Ja, es ist grenzwertig in der Direktheit der Gewaltdarstellung – aber die Autorin schafft es, auch die Stärke des Opfers zu vermitteln, schreibt jedoch ganz sicher nicht für schwache Nerven.

Für diesen nunmehr fünften Band der Reihe um FBI-Profilerin Sadie Scott gilt inzwischen, dass er sich nicht mehr als Einstieg in die Serie eignen dürfte, was zum Beispiel mit Band 3 noch durchaus ging: es wird zu vieles aus den vergangenen Romanen vorausgesetzt, speziell die Vorgeschichte Sadies und noch spezieller alles zu ihrem leiblichen Vater. Dafür dürften Fans der anderen, „älteren“ Profiler-Serie der Autorin sich freuen, eine „alte Bekannte“ wiederzutreffen, weil die Profilerin Andrea Thornton erneut hinzugezogen wird, wie auch schon in Band 4 (ich mag das und es funktioniert, auch wenn ich die genannte Serie noch nicht gelesen habe, denn warum auch sollten nur die TV-Serien-Schreiber so etwas dürfen? Es steht jedenfalls eine Neuauflage bei Bastei Lübbe zu Andrea Thornton ins Haus, auf die ich mich schon freue – jetzt habe ich ja endlich eine Grund, auch mit DER Reihe regelrecht beginnen zu „müssen“).