A review by juliahoermayer
Die Angst des Tormanns beim Elfmeter by Peter Handke, Drinka Gojković, Michael E. Roloff

4.0

Ok, also. Ich hab das Buch gerade eben fertig gelesen, obwohl es so kurz ist, hat es eine Weile gedauert, mindestens zwei mal hatte ich längere Lesepausen zwischendurch. So mega spannend war es dann auch nicht und auch so ganze ohne Kapitel oder roten Faden .. und ich weiß noch immer nicht genau, was ich davon halten soll.
Den Schreibstil find ich sehr gut und abgesehen von dem scheinbar fehlenden Faden ist's super, so im Detail betrachtet, aber der Faden ist mir dann doch irgendwie wichtig.
Der Lesegenuß war auch nicht so ganz da, ich hab's ja nicht zufällig zwei mal für eine längere Zeit ad akta gelegt und was anderes gelesen und das bei der Kürze !! Das les ich normal an einem Tag. Dafür hat es mir teilweise für die kurze Zeit, die ich es gelesen hab, dann eh gefallen, bis mich der fehlende rote Faden wieder zu nerven begonnen hat und ich es weggelegt habe.
Bevor ich zu lesen begonnen habe, habe ich sofort vermutet, dass der Titel für eine Art Torschlusspanik steht und danach im Text gesucht. Ein bisschen ist es mir schon so vorgekommen als würde das Buch nie zum Höhepunkt kommen, es hat oft auf etwas hingearbeitet und dann bevor es zu einem Absch(l)uss kam, ist es in der Zeit ein bisschen nach vorne gesprungen und zur nächsten Szene gewechselt. Trotzdem bin ich mir nicht sicher, was das im Großen und Ganzen bedeuten soll und inwiefern das das relativ eintönige Leseerlebnis rechtfertigt.
Am Schluss wird das Motiv ja nochmal aufgegriffen, was spannend ist und es geht darum, dass niemand wirklich auf den Tormann achtet. Heißt das, dass Bloch sich nicht so verrückt hätte machen müssen? Oder eher, dass man vom Tormann nur das Negative bemerkt? Aber dann halt genauso das Positive. Oder dass er zu wenig Anerkennung bekommt? Ich bin mir nicht sicher.
Am Ende sagt Bloch außerdem nochmal, dass der Tormann eigentlich gar keine richtige Wahl hat und seinem Schicksal ausgeliefert ist, was ein wiederkehrendes Motiv in dem Buch zu seien scheint, besonders gegen Ende. Block hat das Gefühl vieles passiert ihm eher und er spielt keine sehr aktive Rolle in seiner eigenen Geschichte. Das erinnert auch an das Gespräch mit dem Zollwachebeamten, der vom Fußwechsel beim (hinteher)Laufen spricht, hier besteht fast schon ein direkter Isomorphismus zum Elfmeter. Man glaubt, man hat eine Chance, man kann sich bemühen, das Gegenüber zu durchschauen, aber der ist, wenn er nicht ganz auf den Kopf gefallen ist, immer einen Schritt voraus.
Immer deutlicher wieder auch Blochs Angst, dass ohnehin alles vorherbestimmt ist, jede Kleinigkeit, gegen Ende schon jedes Wort, nur auf eine bestimmte Sache hinausläuft, auf die er keinen Einfluss hat.
Das Buch als Ganzes ist auch wie ein Elfmeter aufgebaut, der nie geschossen wird. Der Mord ist wie das Foul im Fußball, beides ein Fehlverhalten, dass eine Strafe zur Folge trägt. Im Buch kommt es nie zum wirklichen Absch(l)uss, wie schon zuvor erwähnt und es beschreibt nur seine Unwohlsein davor, wie auch schon der Titel aussagt.
Mir fällt das alles erst jetzt nach und nach auf, ich wünschte echt, jemand würde mir eine Interpretation hierzu aufgeben, dass ich gezwungen werde, meine Gedanken zu ordnen und das näher auszuführen.

Alles das, was ich mir erst gerade jetzt beim Reviewschreiben überlegt habe, ist sehr spannend zum Analysieren und liebend gerne hätte ich über dieses Buch ein Deutschportfolio verfasst oder eine Interpretation geschrieben, aber dennoch kann ich nicht sagen, dass ich den allergrößten Spaß beim Lesen hatte oder zwangsläufig finde, diese relativ eintönigen 120 Seiten sind die Message wert. Ist aber wohl Ansichtssache, gut geschrieben ist es zweifellos und schon die paar Minuten nach Beendung des Buches, in denen ich mir ein paar Gedanken dazu gemacht habe, haben einiges für meine Wertschätzung dafür getan. Vielleicht entgeht mir ja auch einiges.