A review by rainydayswithbooks
Girl in Pieces by Kathleen Glasgow

challenging dark emotional fast-paced
  • Plot- or character-driven? Character
  • Strong character development? Yes
  • Flaws of characters a main focus? Yes

4.5

Hab etwas gebraucht, um in die Geschichte reinzukommen und wusste erstmal nicht ganz, inwiefern ich mit dem Thema zurecht komme. Charlie's Leben und ihre Erfahrungen sind schmerzhaft, tiefgründig, emotional und authentisch. Es geht einem nahe, weil sie in ihre Situation einfach reingerutscht ist und viele Auslöser aus ihrer Kindheit kommen. Man fragt sich kontinuierlich: Wo wäre sie, wenn die äußeren Einflüsse anders gewesen wären? Ich kann viele ihrer Gefühle verstehen und die Autorin beschreibt einiges davon so treffend, dass es schon weh tut, die Geschichte zu lesen. Obwohl Charlie oft naiv handelt oder fragwürdige Entscheidungen trifft, kann man sie dennoch verstehen. Wer einsam ist und so viel Schuld, Scham, Wut und Trauer in sich trägt, kann nicht rational handeln. Es ist tröstlich, dass sie trotzdem oft Licht im Dunkeln findet und ihren Weg geht. Das Buch macht Hoffnung, zeigt aber auch, wie schwer ein Neustart und das Leben mit einer psychischen Erkrankung ist. Man erlebt Rückschläge, wird enttäuscht, zweifelt und gerät eventuell an die falschen Leute. Besonders einprägsam finde ich den Satz "Everybody you meet is like a little mirror of you". Ich verstehe darunter, dass man das anzieht, was man ausstrahlt.
In Charlie's Fall: Sie ist mental in keiner guten Verfassung, kommt gerade aus der Klinik und steht am Rand des Abgrunds; dann nähert sie sich Riley. Er ist wie sie, nur in einer anderen Form. Beide sind psychisch kaputt, brauchen Hilfe und klammern sich aneinander, zwei sinkende Schiffe in einem dunklen Meer. Eine von Anfang an toxische Beziehung.
Wie sehr Menschen sich gegenseitig beeinflussen merkt man auch daran, dass Charlie erst Fortschritte macht, als neue Menschen in ihr Leben treten
(Linus, Blue, Ariel, Felix)
, die mental oder beruflich an einem anderen Punkt sind. Denn für Fortschritt braucht man Inspiration statt Frustration, Licht statt Dunkelheit und Hoffnung statt Verzweiflung. Die Energie der Menschen, die dich umgeben, überträgt sich am Ende auf dich selbst. Deshalb ist es so wichtig, in einem guten Umfeld zu leben und Abstand von Personen zu schaffen, die einem nicht gut tun. Das ziehe ich aus Charlie'  Geschichte. Und dass Menschen sich ändern können, dass Veränderungen gut sind und wir Hilfe annehmen sollten. Es gibt so viel gutes auf der Welt, wenn wir unseren Blick dafür schärfen. In Charlie's Leben gab es immer Personen, die ihr helfen wollten. Nicht alle konnten das auf die selbe Weise, aber jeder einzelne war auf seine Art wichtig für ihre Entwicklung.
Ihre Freunde von der Straße, die Ärzte aus der Klinik, die Mitpatienten, die Kollegen aus dem Café, Mikey, ...
Aber man muss Hilfe auch zulassen können und verstehen, dass man immer die Wahl hat. Wie Casper sagt "You own all of yourself, Charlie. Every last bit.". Auch wenn man manchmal denkt, man steckt in einer Rolle fest oder ist zu tief gefallen, zu kaputt, zu nutzlos oder zu durcheinander, gibt es einen neuen Weg, den man gehen kann. 
Man muss ihn nur sehen und die Kraft finden, ihn einzuschlagen. Deshalb ist das Buch am Ende so schön, so hoffnungsvoll und emotional. Obwohl man Charlie durch ihre Tiefen begleitet hat, ihre Gedanken verfolgen konnte und alle Verluste und Gefühle durchlebt hat, ist das Ende des Buches ein Neuanfang.

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