A review by jarichan
Die Nase / Der Mantel by Nikolai Gogol

4.0

Mit Gogols Kurzgeschichten kann man sich gelassen mit der russischen Erzähltechnik bekanntmachen und sich dort mal etwas umsehen. Wenn es einem gefällt, kann man alsbald zum nächst grösseren Buch greifen. Für Einsteiger und Neugierige sind diese Texte in meinen Augen sehr empfehlenswert.

Wobei man sich vor allem bei der Nase nicht allzu sehr an die Realität klammern sollte. Viel wurde schon über dieses kurze Stück Literatur geschrieben, nachgedankt, interpretiert, aber auf einen grünen Zweig ist dabei noch keiner gekommen. Ich finde, man sollte es als das nehmen, wonach es aussieht: Klamauk, Spass, Unsinn.

Seit ich diese Geschichte gelesen habe, schaue ich stets nach, ob sich in meinem Brötchen nicht vielleicht eine Nase versteckt hält. Mir hat das Lesen viel Spass gemacht, eben, weil ich es nicht zu ernst nahm. Es gar nicht ernst nehmen konnte.

„Der Mantel“ kommt schon wieder trister und naturalistischer daher. Es ist ein trauriges Bild unserer Gesellschaft, die extrem fixiert ist auf Äusserlichkeiten und schon mehr als ein Schicksal ist dadurch korrumpiert worden. Doch zum Schluss hin giesst Gogol noch einmal einen kleinen Tropfen Fantasie hinzu, sodass auch der Held dieser Geschichte zu dem kommt, was ihm zusteht.

Dies ist auch für den Leser versöhnlicher. Das Ende wäre ansonsten sehr ernüchternd. Realistisch und wahr, aber ernüchternd. Und mit nüchtern möchte ein Russe bestimmt nicht viel zu tun haben (so viel Vorurteil darf sein, wenn sich der Major in der Nase fragt, ob er das Wasser mit dem Vodka verwechselt hat).