A review by lelobae
Die Pest by Albert Camus

5.0

Ich werde mich hier weniger politische Analogien beziehen, da hast du bereits exzellent getan, Jette, ich habe dir in praktisch jedem Punkt zugestimmt.
Okay, zuallererst: wow! Musste ich mich anfangs noch aktiv an das Buch ran setzen, musste ich mich später (vor allem am Ende) aktiv vom Buch wegsetzen, um aufhören zu können.
Sobald die Pest das erste Mal erwähnt wird, stellt sich ein mulmiges Gefühl im Bauch ein, dass sein Wesen über die Geschichte hinweg verändert, anfangs Angst, dann Verzweiflung, dann Resignation, welches aber am Ende durch ein Gefühl der Euphorie abgelöst wird, als klar zu sein scheint, dass die Pest vorbei ist. Die ganze Atmosphäre ist so gut gestaltet, dass dieses Gefühl der Euphorie mit Leichtigkeit auf den Leser überspringt, man ist befreit von der erdrückenden Präsenz der Pest.
Eine Tatsache, die diese Atmosphäre sehr gut verkauft, ist, dass keiner der Charaktere sicher ist, andauernd wird einer Protagonisten, aus deren Perspektive man die Geschichte auch ab und an verfolgt, von der Pest befallen. Niemand wird verschont, nur weil er einer der Hauptcharaktere ist.

Camus lässt verschiedene Charaktere verschiedene Lebensphilosophien darstellen. Mir fallen ehrlich gesagt nicht mehr alle ein, aber einer, der besonders hervorstach, war Tarrou (RIP). Ein Herzensguter Mensch, dessen Tod beweist, dass man sich nicht auf eine Art göttliche Gerechtigkeit verlassen kann. Seiner Ansicht nach ist jeder, der nicht gegen das System arbeitet, ein Mörder, da man, wenn man keinen Widerstand leistet, den Status Quo unterstützt. Er stellt die Analogie auf, dass jeder, der Teil eines Systems ist, das auf der Todesstrafe begründet ist, ein „Pestkranker“ sei. Jeder läuft Gefahr, den anderen anzustecken/ihn durch die Aufrechterhaltung des Systems zum Tode verurteilen zu lassen. Beides geschieht vielleicht nicht durch oder sogar gegen den Willen des „Kranken“, jedoch ist das für den angesteckten/zum Tode verurteilten belanglos, er stirbt so oder so. Daraus folgt, dass man nur wirklich gegen die Todesstrafe sein kann, wenn man das System, dass sie aufrechterhält zerschlägt, da man sonst das weiterleben des alten Systems ermöglicht.
Tarrou hat sich selbst als „Pestkranker“ erkannt und versuchte seitdem, zumindest als „unschuldiger Mörder“ zu leben, durch Reflexion und seinen Kampf gegen den Tod.

Bezogen auf die heutige Welt, ist wohl jeder, der nicht für die Abschaffung des aktuellen Systems ist, welches jährlich auch ohne Todesstrafe für den Tod von ca. 10mio Menschen verantwortlich ist, ein Pestkranker.

Diese Review hab ich sehr frei verfasst, sorry falls das ein bisschen kantig zu lesen ist. Anyways, ich hab keinen Plan, was ich als nächstes lesen soll.